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Gegenseitige Inspiration auf Kanban-Boards und Discord-Servern – der Mentor-Spot in Chemnitz

Im Mentor-Spot lernen Kinder und Jugendliche den Prozess von einer Idee über ein 3D-Modell bis hin zum 3D-Druck kennen.

Vor gut 20 Jahren kam Alexander Cernyh nach Deutschland, studierte in Mittweida und zeigt nun Jugendlichen im Mentor-Spot (externer Link), was sie alles mit IT anstellen können. In einem Raum auf dem Brühl treffen sie sich, brainstormen gemeinsam und setzen ihre Ideen um. In einem Raum, der offen sein soll für alle.

Alexander Cernyh hat auf dem Brühl in Chemnitz einen Raum geschaffen, indem sich Kinder im Bereich Robotik, Elektronik, VR und 3D-Druck ausprobieren können.

Alexander Cernyh betreibt seit über einem Jahr den Mentor-Spot auf dem Brühl in Chemnitz

Als Alexander Cernyh im Jahr 2005 nach Deutschland kam, dauerte es noch eine ganze Weile, bis er seinen ersten eigenen PC hatte. “Oh Gott, ein ganz alter Windows-Computer. Da war ich ungefähr mit 13”, erinnert er sich. In einem Alter, in dem die meisten Jugendlichen zocken oder im Netz surfen, nutzte er seinen PC von Anfang an auch für andere Dinge. “Sehr viel Zeit habe ich damit verbracht, den Quellcode von verschiedenen Spielen zu betrachten und zu manipulieren. Ich wollte sehen, was passiert, wenn ich bestimmte Werte verändere”, erinnert er sich.

Seit seiner Kindheit ist er fasziniert von Computertechnik. Noch in Russland prägte ihn dabei ein Erlebnis in der Schule. “Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass es da einen Raum gab, der häufig verschlossen war. So richtig mit großen Schlössern an der Tür. Das war der Computerraum. Immer wenn ich vorbei gelaufen bin, habe ich versucht reinzugucken, was sich hinter der verschlossenen Tür verbirgt. Immer, wenn Gruppen reingegangen sind, konnte man die Computer sehen”, erzählt er. Diese Faszination hat er behalten.

Abitur und Studium in Mittweida haben ihn vorbereitet auf seinen Mentor-Spot – und ein Verein in Mittweida, in dem er einen Großteil seiner Jugend verbringen durfte. “Das war ein evangelischer Verein, in dem ich viel Fußball und Brettspiele gespielt habe.“ Besonders geprägt hat mich mein Betreuer. Er hat mir gezeigt, was eine Community wert ist und was es bedeutet, Teil in einer Gemeinschaft zu sein, die ähnliche Ideen hat und ähnliches verfolgt. Das ist genau das, was mir damals gefehlt hat”, erinnert er sich.

Seine Motivation zieht er aus seiner Leidenschaft, die er mit dem Mentor-Spot einen Raum gegeben hat. “Ein Raum, in dem man Sachen ausprobieren kann, die man sich früher nicht vorstellen konnte. Hier kann man seinen eigenen Horizont dadurch erweitern, dass man einfach verschiedene Elemente zur Verfügung gestellt bekommt und mit denen dann experimentieren kann”, schwärmt er. “Meine Frau sagt immer, dass ich mir hiermit einen Kindheitstraum erfüllt habe”, sagt er. Was sein Kindheitstraum war? Ein eigener Computer. Und ein Computerraum ohne Schlösser!

Über ein Jahr ist Alexander Cernyh mit seinem Mentor-Spot schon auf dem Brühl. “Vieles, was man hier sieht, ist durch Kooperationen entstanden und hierher gekommen. Partner, Vereine und die MINT-Community haben mich dabei unterstützt, die nötige Technik zu beschaffen. Einiges wurde mir dann auch zur Verfügung gestellt”, erzählt er.

Im Mentor-Spot lernen Kinder und Jugendliche den Prozess von einer Idee über ein 3D-Modell, dem 3D-Druck bis hin zur elektronischen Ausstattung kennen.

Im Mentor-Spot können sich die Kinder und Jugendlichen am 3D-Drucker und im Elektronikbereich ausprobieren.

Zuvor war er in Projekten engagiert und konnte sich so bereits ein Netzwerk aufbauen. In dieser Zeit hat er Konzepte erstellt: Wie können sich Jugendliche ausprobieren? Was benötigen sie dafür? “Mir war auch immer wichtig, dass sie lernen, wie Prozesse generell funktionieren. Also vom Modell auf dem Computer bis hin zum 3D Drucker und zusätzlich das Ganze mit Elektronik ausstatten” beschreibt Alexander Cernyh die Grundidee.

Neben dem Angebot für Kinder und Jugendliche liegt ihm besonders eins am Herzen: Nachhaltigkeit. “In ein paar Jahren werden viele Jugendliche in der Lage sein, sich Sachen selber zu modellieren und auszudrucken. Das finde ich schon sehr umweltfreundlich, vor allem wenn man dazu auch noch nachhaltige oder zumindest klimaneutrale Verbrauchsmaterialien verwendet”, sagt er.

Woher die Ideen kommen? Aus der Community! “Aktuell sind es ungefähr 30 Aktive vor Ort und insgesamt 130 auf unserem Discord Server. Die sind mittlerweile in ganz Europa verstreut”, erzählt er. “Auf Discord und hier vor Ort wird dann darüber diskutiert.” Ideen bringen die Kinder und Jugendlichen also selbst mit. Doch dann fängt die Arbeit erst richtig an. “Wir setzen uns dann zusammen und besprechen die mögliche Umsetzung. Ob es Sinn macht, welche Herausforderungen es gibt und was alles dafür benötigt wird. Wenn es meiner Meinung nach zum Beispiel keinen Sinn macht, können sie mich in einer Art Pitch trotzdem noch davon überzeugen. Wie in einem richtigen IT-Unternehemen”, erzählt er und lacht dabei.

Denn der Mentor-Spot funktioniert tatsächlich nach den Prinzipien der Softwareentwicklung. Über ein Trello-Board wird das Projekt erfasst, in Einzelaufgaben unterteilt und der Fortschritt getrackt. “Denn so lassen sich die Arbeiten an allen Projekten verfolgen. So sieht man auch schnell, welche Ideen verknüpft werden können und an welcher Stelle man Schüler:innen zusammenbringen kann, um ein gemeinsames Projekt daraus zu machen”, beschreibt Alexander Cernyh den Gedanken dahinter.

Auch VR-Technik kann im Mentor-Spot ausprobiert werden.

Von Robotertechnik über 3D-Modellierung bis hin zu VR-Technik ist im Mentor-Spot alles dabei.

Im Raum von Alexander Cernyh gibt es verschiedene Angebote. Zunächst gibt es die Ferienprojekte. Durch Kooperationen mit Vereinen sind die für die Kinder und Jugendlichen kostenfrei. Die Inhalte sind immer neu. Meistens besteht auch einen Zusammenarbeit mit Makerspaces. “Ich achte auch darauf, dass wir uns mit neuen Technologien beschäftigen und an komplexeren Sachen arbeiten. In den vergangenen Sommerferien haben wir zum Beispiel eine Minigolfanlage gebaut und dabei die Anwendung der CNC-Fräse kennengelernt”, erinnert er sich. Außerdem gibt es ein regelmäßiges Angebot jeden Samstag. “Einmal pro Woche treffen wir uns hier, das ganze Jahr! Also auch mit Weihnachtsfest und so weiter. Wir bereiten dann schöne Sachen vor, in denen die Jugendlichen an verschiedenen Stationen ihr Können ausprobieren. Da ist alles dabei von Robotertechnik über 3D Modellierung, VR und so weiter. Alles, was wir über das vergangene Jahr hinweg gemacht haben”, beschreibt Alexander Cernyh den Inhalt der regelmäßigen Treffen im Mentor-Spot.

Am Ende geht es Alexander Cernyh mit seinem Angebot hauptsächlich um eins: “Es muss Spaß machen. Das ist ganz wichtig! Denn dann ist man auf dem richtigen Weg, entwickelt neue Idee, lernt aus Fehlern.” Bisher hat Alexander Cernyh auch noch keine Werbung für sein Angebot geschaltet. Der überwiegende Teil kommt über Mundpropaganda zu ihm. Und einfach vorbeikommen, zuschauen und Fragen stellen kann man auch immer. Zum Beispiel samstags von 10:00-14:30 Uhr auf dem Brühl 46. Ohne Schloss am Computerraum und mit freiem Eintritt im Discord-Server.

Mentor-Spot Chemnitz – ein Ort voller Technik, Kreativität und Vielfalt

Alex und Vadim von Mentor-Spot erklären, welche Projekte es bei ihnen alles gibt.

Die Projektmitarbeitenden betreten den Mentor-SpotLäuft man die Fußgängerzone des Brühls entlang, spürt man die Belebung des ehemals fast ausgestorbenen Straßenzugs nahe des Chemnitzer Zentrums. In vielen Schaufenstern ehemaliger Ladengeschäfte scheinen neue Ideen zu wachsen. Unmittelbar gegenüber der Rosa-Luxemburg-Grundschule wird man von kleinen 3D-gedruckten Robotern begrüßt. Wir gehen hinein und treffen auf 20 Kinder und Jugendliche. Sie arbeiten zusammen mit Vadim und Alex, ihren Mentoren, an verschiedenen Aufgabenstellungen. Es herrscht eine wunderbar offene Atomsphäre. Die Kinder sprechen unterschiedliche Sprachen – Ukrainisch, Russisch, Englisch oder Deutsch – das ist völlig egal.

Wir gehen einen Raum weiter. Dort stehen Serverschränke, 3D-Drucker, Laptops – die Produktionshalle des Mentor-Spots. Hier entstehen Prototypen, die von den Kids entwickelt werden – wir kommen ins Gespräch mit Alex. Er beschreibt uns was der Mentor-Spot ist:

Die Projektmitglieder kommen mit Alex von Mentor-Spot ins Gespräch„Der Verein Integrations- und Kulturzentrum Kolorit e.V. betreibt die Initiative Mentor-Spot. Im Rahmen dieser findet eine Community-Arbeitsgemeinschaft regelmäßig wöchentlich an Samstagen statt, die Raum für kreative Ausdrucksmöglichkeiten im digitalen Zeitalter den Kindern und Jugendlichen ermöglicht. Ein großer Themenbestandteil der Community Mentor-Spot ist die Medienkunst, Kreative Gestaltung mit digitalen Medien, politische Medienbildung, Integration und Teilhabe, kollaboratives Lernen und Teamarbeit, Präsentation und Ausstellung.

Das Angebot richtet sich an Kinder und Jugendliche im Altersspektrum von etwa 6 bis 18 Jahren. Teilnehmende lernen die Grundlagen der digitalen Kunst und Medienwerkzeuge kennen, einschließlich der Arbeit mit Hardware wie Notebooks, Tablets, 3D-Druckern, Virtual Reality-Brillen und Robotertechnik-Bausätzen. Sie werden für wichtige Aspekte der Medienlandschaft wie Hate Speech, Fake News und Dark Social sensibilisiert und lernen, eigene künstlerische Projekte zu realisieren. Des Weiteren entwickeln sie soziale Kompetenzen und Teamarbeit durch Gruppenprojekte und stärken ihre Präsentations- und Kommunikationsfähigkeiten.

Inklusion und Integration sind wichtige Bestandteile der Community. Die Community besteht aus mehrsprachigen Mitgliedern. Um eine barrierefreie Kommunikation zu gewährleisten, sind stets mehrsprachige Mentoren vor Ort, und es wird besonders viel Wert auf die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Familien gelegt.“

Verschiedene Sprachen auf einem LaptopDie beiden Mentoren sind Studenten, investieren einen Großteil ihrer Freizeit und eine Menge eigenes Geld in ihr Herzensprojekt – der Mentor-Spot soll wachsen und sich irgendwann aus Mitgliedsbeiträgen und durch kleine Aufträge tragen. Der Weg dahin ist weit, aber die beiden sind entschlossen diesen Weg zu gehen.

Die MINTsportREGION findet die Initiative phantastisch und hat sich deswegen bereit erklärt, 2 Laptops aus Projektmitteln zu finanzieren. Wir sind davon überzeugt, dass hier MINT Förderung betrieben wird, die bei den Jugendlichen ankommt. Davon durften wir uns selbst bei der Übergabe der Förderung überzeugen. Ein Vorzeigeprojekt!